Naturpark Los Alcornocales: ein unbekanntes Naturparadies

Lorbeerwald im Naturpark Los Alcornocales in der Provinz Cádiz, Andalusien.

Der Naturpark Los Alcornocales: zwischen Korkeichen und Lorbeerwäldern

Ganz im Südwesten Spaniens, zwischen den Provinzen Cádiz und Málaga, erstreckt sich einer der größten Naturparks des Landes: Los Alcornocales. Aufgrund seiner besonderen geographischen Lage verfügt dieses Naturschutzgebiet über eine einzigartige Flora und Fauna und herrliche Landschaften, die man auf den zahlreichen Wanderwegen durch das ausgedehnte Gebiet erkunden kann. Entlang an reißenden Bächen und Wasserfällen, durch tiefe, üppig bewachsene Schluchten oder auf dem Weg zu Gipfeln mit herrlicher Aussicht kann man hier erfahren, warum dieser Wald seinen Beinamen erhalten hat: der „letzte Urwald des Mittelmeers“.

Das besondere Klima im Naturpark Los Alcornocales

Der Naturpark Los Alcornocales liegt im Westen der Betischen Kordillere und erstreckt sich vom südlichsten Punkt der Iberischen Halbinsel (Tarifa) bis in die Gebirgszüge des Inlands, wo er in den Naturpark der Sierra de Grazalema übergeht. Dank dieser Lage in der Nähe der Meerenge von Gibraltar ist der Park starken Winde vom Meer ausgesetzt, die viel Feuchtigkeit in das Gebiet bringen. Diese Feuchtigkeit sammelt sich an den Berghängen und sorgt im Winter für heftige Niederschläge. Im Sommer hingegen bilden sie im Süden des Naturschutzgebiets dichte Nebelschwaden, ein sehr ungewöhnliches Phänomen für diese ansonsten sehr trockene Mittelmeerregion.

Besonders berühmt ist der sogenannte Bosque de la Niebla de los Llanos del Juncal, ein Waldgebiet im Süden des Naturparks, das fast immer von dichten Nebelschwaden durchzogen ist und das unter ganz besonderem Naturschutz steht. Für den Besuch dieses spektakulären Märchenwalds muss man über eine Woche im Voraus eine Genehmigung beantragen.

Bäume mit Moos in Andalusien.

Das Moos: Ein Zeichen für die hohe Luftfeuchtigkeit im Park.

Die üppige Pflanzenwelt – Korkeichen und Loorbeerwälder

Die großen Mengen an Feuchtigkeit haben nicht nur dazu geführt, dass das Gebiet von zahlreichen Flüssen und Bächen durchzogen ist, sondern haben ebenfalls eine einzigartige Vegetation entstehen lassen, insbesondere in den sogenannten Canutos. Dies ist eine Art Galeriewald, der in schmalen Felsschluchten wächst, die durch Erosion des die Berghänge hinabfließenden Wassers entstanden sind. Sie sind die einzigen Orte, in denen sich der voreiszeitliche Lorbeerwald (Laurisilva) erhalten hat, der vom Rest des europäischen Kontinents im Laufe der letzten Eiszeit vollkommen verschwunden ist.

Es handelt sich um einen immergrünen Feuchtwald, der typisch für subtropische Klimazonen ist und den wir heute in Europa sonst nur noch auf den Makaronesischen Inseln (Kanaren, Azoren und Madeira) antreffen. Im Lorbeerwald von Los Alcornocales mischen sich subtropische Pflanzenarten mit typisch mediterranen Gewächsen. So treffen wir auf eine Vielzahl von Farnarten und Lorbeergewächsen, aber auch zum Beispiel auf Oleander, wilde Olivenbäume und Stechpalmen.

Galeriewald (Lorbeerwald) im Naturpark Los Alcornocales, Provinz Cádiz, Andalusien.

Typische Vegetation am Wasser.

Dank dieser Vielfalt kann man hier vielerorts eine besonders üppige Vegetation mit Aufsitzerpflanzen auf den hohen Bäumen und dichten Farnen auf dem schattigen Waldesgrund sehen. Es kommt allerdings auf die gewählte Route an. Der Park ist sehr groß und der nördliche Teil ist generell um einiges trockener als der südliche. Auch wird es trockener, je höher man kommt. Die Feuchtigkeit sammelt sich vor allem in den Tälern und Schluchten, in der Nähe der Gipfel treffen wir auf eine trockenere Mittelmeervegetation.

Der Star und Namensgeber des Naturparks ist die Korkeiche (span.: alcornoque). „Los Alcornocales“ bedeutet so viel wie „Die Korkeichenwälder“, und tatsächlich handelt es sich bei diesem Naturschutzgebiet um den größten zusammenhängenden Korkeichenwald Spaniens und um einen der größten Europas, mit der Besonderheit, dass die Bäume nicht vereinzelt in der Landschaft stehen, sondern tatsächlich dichte, zusammenhängende Wälder bilden. Der Kork dieser Bäume wird noch heute auf traditionelle Weise abgebaut, was der Erhaltung der Landschaft zugute kommt, da dank dieser Art der landwirtschaftlichen Ausbeutung eine größere Kontrolle über die Gesundheit der Bäume stattfindet.

Korkeichen im Naturpark Los Alcornocales, Cádiz.

Halb abgeerntete Korkeichen.

Fauna in Los Alcornocales

Auch die Fauna ist dank der geographischen Bedingungen, die viel Schutz bieten, und dank des reichhaltigen Wassers sehr abwechslungsreich. Insbesondere handelt es sich um ein Paradies für Vogelbeobachter, da das Gebiet aufgrund seiner Nähe zur Straße von Gibraltar ein Ruhepunkt für unzählige Arten von Zugvögeln ist, worunter Störche, Rotmilane, Wespenbussarde, Zwergadler, Schlangenadler und viele Geier. Letztere bekommt man hier besonders leicht zu Gesicht.

Zudem beherbergt der Park rund die Hälfte der auf der Iberischen Halbinsel lebenden Reptilien und verschiedene bedrohte Insektenarten, insbesondere einige Libellenarten. Unter den Säugetieren sieht man am Häufigsten Rehe, Wildschweine und Bergziegen. Da das Gebiet landwirtschaftlich genutzt wird, trifft man bei Wanderungen auch immer wieder auf Nutztiere wie Esel, Hausziegen und Stiere.

Um eine der zahlreichen im Park vertretenen Raubtierarten zu Gesicht zu bekommen, muss man schon etwas mehr Glück haben. Ich habe mal von Weitem eine Wildkatze gesehen und auch einen Fuchs (glaube ich), aber auf den meisten Wanderungen sind die scheuen Tiere in ihren Verstecken geblieben. Wenn man sich sehr ruhig verhält und schon früh morgens unterwegs ist, hat man bessere Chancen. Im Park wohnen unter anderem der Ichneumon (Buschteufel), die Kleinfleck-Ginsterkatze sowie Otter, Dachse, Füchse, Marder und Wiesel.

Ziegen auf einem Gut in der Nähe von Ubrique, Cádiz.

Hausziegen.

 Die kulturelle Bedeutung von Los Alcornocales

Neben dem natürlichen Reichtum beherbergt das fast 168.000 Ha große Gebiet, in dem insgesamt um die 380.000 Menschen verstreut über viele kleine und pittoreske Dörfer leben, auch ein wichtiges kulturelles und historisches Erbe. Es wurden hier Spuren menschlicher Besiedlung seit Urzeiten gefunden, sowohl vom Homo Sapiens als auch vom Neandertaler.

Von besonderem Interesse sind die vielen Höhlenmalereien aus der Alt- und Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit hinein. Im Karstgestein der Region haben sich durch Erosion viele Höhlen gebildet, die bereits von den Urmenschen als Unterschlupf verwendet wurden. Die berühmtesten dieser Höhlen sind die Cueva del Tajo de las Figuras bei Benalup- Casas Viejas, die Cueva de la Laja Alta bei Jimena de la Frontera, in der einige der ersten Schiffe abgebildet sind, die das Mittelmeer befahren haben, und die Cueva de Bacinete bei Los Barrios. Leider nutzt dieses Wissen dem heutigen Besucher nicht viel, da gegenwärtig keine dieser Höhlen für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Lange Zeit konnte die Cueva del Tajo de las Figuras besichtigt werde, aber seit 2008 ist sie aufgrund der Verschlechterung des Erhaltungszustands geschlossen. Es bleibt zu hoffen, dass genügend Maßnahmen getroffen werden, um diese Schätze der Menscheitsgeschichte auch für Zukunft zu bewahren.

Die Dörfer der Region zeichnen sich dadurch aus, dass sie Zeugen der reichen, dreitausendjährigen Geschichte der Region gewesen sind: Phönizier, Römer und Mauren haben hier ihre Spuren hinterlassen, die man in zahlreichen Ausgrabungsstätten und sogar in der heutigen Architektur der Dörfer mit ihren alten, verwinkelten Medinas entdecken kann. Eine Wanderung im Naturpark kann man daher toll mit dem Besuch einer seiner Dörfer wie Alcalá de los Gazules, Ubrique oder Jimena de la Frontera kombinieren.

Einige Wanderrouten führen auch von einem Dorf zum anderen, wie zum Beispiel die alte Römerstraße von Benaocaz nach Ubrique.

Alte Römerstraße von Benaocaz a Ubrique in der Provinz Cádiz, Andalusien.

Alte Römerstraße in Los Alcornocales.

Einige schöne Wanderungen im Naturpark Los Alcornocales

Der Naturpark Los Alcornocales verfügt über ein ausgedehntes Netz an Wanderwegen. Informationen hierüber erhält man auf verschieden offiziellen Websiten, die allerdings leider nur auf Spanisch verfügbar sind und normalerweise eine Übersicht über alle Wanderwege der Provinz Cádiz enthalten, nicht spezifisch für den Naturpark. Auf dieser Seite findet man die wichtigsten Daten wie Ausgangspunt, Schwierigkeitsgrad oder Länge von 300 Wanderwegen der Provinz Cádiz (einfach den Google-Übersetzer verwenden).

Im Folgenden findest du eine Auswahl einiger meiner Lieblingsrouten im Naturpark Los Alcornocales.

Río de la Miel (Algeciras)

Diese Tour ist besonders schön im Sommer. Das spezifische Mikroklima rund um den „Fluss des Honigs“ (das bedeutet „Río de la Miel“ übersetzt), sorgt dafür, dass es hier um einige Grad kühler ist als außerhalb des Parks, so dass diese Wanderung auch bei heißem Wetter besonders angenehm ist. Zudem hat man im Sommer den Vorteil, dass man in den herrlichen natürlichen Schwimmbecken des Flusses baden kann, die sich unter seinen Wasserfällen bilden. Die Tour ist linear, und es ist unmöglich, sich zu verlaufen. Der Ausgangspunkt befindet sich in Algeciras, im Stadtteil El Cobre. Hier findest du die Koordinaten: https://www.sendacadiz.es/rio-de-la-miel.html.

Wasserfall und natürliches Schwimmbecken am Río de la Miel bei Algeciras.

Erster Wasserfall.

Nun ist es so, dass der offizielle Wanderweg an einem schönen Wasserfall endet, wo man mithilfe eines Seils ins kühle Nass springen kann. Ein sehr schöner Ort, aber die meisten gehen (bzw. klettern) noch ein Stück weiter zu einem zweiten Wasserfall, der meiner Meinung nach um einiges spektakulärer ist. Ich bin mir nie ganz sicher gewesen, ob man das darf, da der offizielle Wanderweg ja vorher endet. Aber wahrscheinlich endet der Weg hier nur, weil man danach ein bisschen klettern muss, es ist dann kein richtiger Weg mehr. Es lohnt sich aber wirklich, denn wenn der erste Wasserfall schon wunderschön ist, dann ist der zweite geradezu paradiesisch.

Wasserbecken und Galeriewald am Río de la Miel, Provinz Cádiz.

Zweiter Wasserfall.

Besteigung des Picacho

Dies ist eine sehr schöne, mittelschwere Wanderung, die man im Naturpark Los Alcornocales machen kann. Der Picacho ist mit seinen 884 m Höhe ein Wahrzeichen des Parks und einer der beliebtesten Gipfel der Region. Schon von Weitem zieht er mit seiner schönen Form die Aufmerksamkeit auf sich. Bei dieser Wanderung überwindet man 500 m Höhenunterschied, braucht aber nirgendwo richtig zu klettern. Die Aussicht reicht bei gutem Wetter über Weite Teile der Provinz Cádiz.

Der Einstieg befindet sich in einem Erholungsgebiet (área recreativa) in der Nähe von Alcalá de los Gazules. Von hier aus gehen vier verschiedene Wanderwege ab, einer führt auf den benachbarten Gipfel des Aljibe, einer kombiniert die beiden Gipfel Picacho und Aljibe und ein anderer – der kürzeste mit Namen Garganta de Puerto Oscuro – führt zur Quelle des Flusses Barbate. Dieser ist nur 1 km lang, man kann ihn also als kleinen Abstecher machen. Im Winter kommt man auf dem Weg an einer kleinen Lagune vorbei, in der sich ein temporäres Ökosystem mit Wasserschlangen und Kröten bildet. Im Sommer ist diese Lagune trocken.

Der Gipfel des Picacho aus der Ferne gesehen, mit einer kleinen Lagune im Vordergrund.

Der Picacho von Weitem.

Für die Besteigung des Picacho muss eine Genehmigung bei der Verwaltung des Naturparks beantragt werden. Dies kann online geschehen oder aber auch in einem der Informationszentren des Parks, in diesem Fall ist das Centro de Visitantes El Aljibe zuständig, das sich in der Nähe der Route zum Picacho befindet. Vom 15. September bis zum 15. Februar kann die Genehmigung eventuell versagt werden, da in dieser Zeit Jagdsaison ist. Das restliche Jahr über handelt es sich um eine reine Formalität und kann noch am selben Tag des Aufstiegs erteilt werden. Man muss hierfür nur ein Formular im Besucherzentrum ausfüllen. Wenn du sie lieber im Voraus online beantragen möchtest, musst du direkt die Verwaltung des Naturparks anschreiben (pn.alcornocales.cma@juntadeandalucia.es). Ich habe denen allerdings noch nie auf Deutsch oder Englisch geschrieben, weiß also nicht, ob das geht. Wahrscheinlich ist es für Ausländer am Einfachsten, die Genehmigung direkt im Besucherzentrum einzuholen.

Für die Besteigung des Picacho ist es ratsam, eine App zu verwenden, da die Ausschilderung nicht die allerbeste ist. Der Aufstieg ist sehr intuitiv, aber beim Abstieg kann man schon mal vom Weg abkommen, wenn man nicht aufpasst.

Landschaft im Naturpark Los Alcornocales von Gipfel des Picacho aus gesehen.

Aussicht vom Picacho.

Die Schlucht von Valdeinfierno

Dies ist eine sehr schöne und einfache Route, die man gut im Winter oder Frühling machen kann. Dann führt der kleine Bach, der durch die Schlucht rauscht, nämlich besonders viel Wasser. Es handelt sich um eines der schönsten Beispiele der oben beschriebenen Canutos, in denen der für die Region typische Lorbeerwald wächst.

Der Einstieg zum Wanderweg von Garganta de Valdeinfierno („Schlucht von Valdeinfierno“) befindet sich in der Nähe von Los Barrios (Info auf Spanisch hier). Der Weg führt zunächst über eine Schotterpiste ohne viel Schatten, aber sobald man den Fluss erreicht hat, beginnt ein Spaziergang durch eine üppige Vegetation, immer am rauschenden Wasser entlang, bis der Weg schließlich rechts abbiegt und zurück zum Ausgangspunkt der Route führt. Auf dem Rückweg erhält man dann noch, wenn man zurückschaut, einen wunderschönen Blick über das Tal.
Für diese Wanderung ist weder eine Genehmigung erforderlich, noch bereitet sie besondere Schwierigkeiten. Eine sehr entspannte Route also durch eine der charakteristischsten Landschaften des Naturparks.

Die Schlucht von Valdeinfierno, ein beliebter Wanderweg in der Provinz Cádiz.

Aussicht über die bewaldete Schlucht.